CE Kennzeichnung im Bauwesen
Die Bedeutung der europäischen CE-Kennzeichnung im Bauwesen für den Hersteller - Händler - Planer - Unternehmer und Verbraucher
Unna, 04.08.2010
Das CE-Zeichen findet sich auf vielen Produkten des täglichen Gebrauchs
z. B. Spielzeuge, Haushaltsgeräte, technische Produkte und Bauprodukte
(Bild 3).
Die Abkürzung CE steht für Conformité Européenne (Deutsch: Europäische
Übereinstimmung) und bestätigt, dass ein Produkt die Anforderungen der
(jeweils geltenden) europäischen Richtlinien erfüllt.
Im Baubereich wurden europäischen Vorgaben durch das Bauproduktegesetz
umgesetzt. Die Verpflichtung der CE-Kennzeichnung von Baustoffen ergibt
sich aus der Ablösung von nationalen Normen durch europäische Normen.
Nach einer Koexistenzphase und Übergangsfrist, in der die
„In-Verkehr-Bringer“ ihre Produkte der jeweiligen europäischen Norm
anpassen können, dürfen diese Produkte ohne die CE-Kennzeichnung weder
in den Verkehr gebracht noch ohne Zustimmung des Auftraggebers/
Verbrauchers verarbeitet werden.
Am Beispiel von Dränprodukten
z. B. Noppenbahnen mit aufkaschiertem Filtervlies (Geoverbundstoffe)
oder Noppenplatten aus Kunststoff, so genannte Eierbecher,
(Geospacer[1]) die bei begrünten und genutzten Dächern und Decken häufig
eingesetzt werden, soll dies aufgezeigt werden. Sie gehören zu den
Geotextilien und geotextilverwandten Produkten und fallen, gemäß Aussage
der EU Kommision, unter den Geltungsbereich der DIN EN 13252
„Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Geforderte Eigenschaften
für die Anwendung in Dränanlagen".
Welche Vorteile ergeben sich für den Verbraucher?
Durch die CE-Kennzeichnung wird dem Verbraucher die grundsätzliche
Brauchbarkeit des Produktes für bauliche Anlagen erkennbar gemacht.
Vergleichbare Angaben auf dem Produkt erleichtern den Warenverkehr
innerhalb der EU und ermöglichen dem Planer, Ausführendem und
Verbraucher die Leistungsfähigkeit der CE-markierten Produkte zu
erkennen. Die auf dem Produkt oder in den Begleitpapieren angegebenen
Werte lassen sich nun mit den in nationalen Anwendungsnormen und
Regelwerken geforderten Werten vergleichen.
Durch die Angaben auf dem Produkt lässt sich auch nach Jahren z. B. die
Eigenschaft oder der Lieferant feststellen. Die Rückverfolgbarkeit des
Produktes ist somit sichergestellt.
Neu ist, dass ausdrücklich auf die Beständigkeit des Bauproduktes
hingewiesen werden muss wie z. B. die Wetterbeständigkeit und die
Nutzungsdauer. Gerade bei Bauwerken/Bauteilen wie z. B. Dachbegrünungen
und Balkone, deren Gebrauchsdauer deutlich über 25 Jahre liegen sollte,
ist diese Kennzeichnung besonders wichtig. Hierdurch kann der
Planer/Ausführenden/Verbraucher die Beständigkeit einer Funktionsschicht
mit der Nutzungsdauer des Bauwerks/Bauteils abgleichen.
Haftung der am Bau Beteiligten/ Verantwortlichkeit
Planer und Entwurfsverfasser (Architekt / Ingenieur / Bauleiter):
Eine Planung ist nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung mangelhaft, wenn sie
- nicht genehmigungsfähig ist.
- nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.
- lückenhaft ist.
- in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht mit den vertraglichen
Vereinbarungen übereinstimmt.
Eine ordnungsgemäße Planung darf dabei nur eine Konstruktion vorsehen,
bei der sicher ist, dass sie den zu stellenden Anforderungen genügt.
Dabei tragen Planer, an der Planung beteiligte Sonderfachleute sowie die
Bauleiter auch die Verantwortung für die Eignung der für den Einbau
vorgesehenen Materialien und deren Brauchbarkeit. Bemessungsgrenzen wie
z. B. Abflussspende von Dränelementen gemäß DIN 4095 „Baugrund - Dränung
zum Schutz baulicher Anlagen - Planung, Bemessung und Ausführung“ sind
bei der Auswahl der Produkte zu berücksichtigen.
Eignung und Brauchbarkeit der Bauprodukte müssen nachvollziehbar überprüft werden
Der Planer und die im Bereich der Bauüberwachung Tätigen sind gehalten,
die auf der Baustelle durch den Unternehmer bereitzuhaltenden
Begleitdokumente zu kontrollieren.
Zur Erreichung des vertraglichen Solls ist es dabei Aufgabe des Planers,
seinen Auftraggeber über die Planung zu beraten und auf mögliche
Risiken hinzuweisen. Dabei hat der Planer im Rahmen der gesetzlichen
Bestimmungen und seinen allgemeinen Berufspflichten ausschließlich die
Interessen seines Auftraggebers zu wahren und seine eigenen
Planungsinteressen (wirtschaftliches, künstlerisches oder sonstiges
Interesse) hintanzustellen.
Im Rahmen seiner Informationspflicht hat der Planer Neuentwicklungen,
die sich auf dem Markt durchgesetzt haben, zu beobachten und den
Bauherrn hiervon zu unterrichten.
Fehlt eine entsprechende abweichende Vereinbarung, so haben die beim Bau
zum Einsatz gebrachten Stoffe und Bauteile den Anforderungen des
Bauproduktengesetzes zu entsprechen und müssen mit dem CE-Zeichen
versehen sein, um schon die „gewöhnliche Verwendungseignung“ im Sinne
des § 633 BGB aufzuweisen. Eine fehlende – vorgeschriebene –
CE-Kennzeichnung stellt somit einen Sachmangel im Sinne § 633 BGB dar,
da die Vertragsgemäßheit der Leistung, nämlich schon in ihrer
Mindestanforderung – gewöhnliche Verwendungseignung der Bauleistung /
des Baustoffes – nicht vorliegt. Hier setzt sich der Planer bei
Nichtbeachtung der CE-Kennzeichnung erheblichen Haftungsansprüchen aus.
Sogar ein Verlust von Haftpflichtversicherungsschutz kann gegeben sein,
da er insoweit außerhalb bautechnisch gesicherter Erkenntnisse plant.
Ausführender Unternehmer
Die Grundsätze zu den Pflichten und der Haftung des Planers gelten für den Unternehmer entsprechend.
Im Gegensatz zum Planer trifft jedoch den Unternehmer keine
Beratungspflicht, sondern lediglich eine Prüfungs- und Hinweispflicht
bei Bedenken gegenüber dem Auftraggeber (Bauherrn).
Dabei wird auch bei dem Unternehmer ein dem neuesten Stand der Technik
entsprechendes Fachwissen vorausgesetzt. Hinsichtlich der Prüfpflichten
in Richtung auf die zum Einsatz gelangenden Baustoffe trifft dem
Unternehmer nach der ständigen Rechtsprechung der Obergerichte eine
erhöhte Prüfungspflicht.
Der Unternehmer ist gemäß § 377 HGB verpflichtet, die Ware auf
offensichtliche Mängel bei Anlieferung zu überprüfen. Dazu gehört auch
die eindeutige Deklaration des Produktes. Dies gilt auch dann, wenn
Baustoffe / Baumaterialien vom Auftraggeber beigestellt oder besonders
vorgeschrieben sind. Gem. § 4 Nr. 3 und 6 VOB/B hat der Unternehmer die
Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen verantwortlich zu wahren und
dabei Stoffe oder Bauteile, die dem Vertrag nicht entsprechen, auf
Anordnung des Auftraggebers innerhalb einer von ihm bestimmten Frist von
der Baustelle zu entfernen. Ein „vertragswidriger Stoff“ im Sinne § 4
Nr. 6 VOB/B liegt schon dann vor, wenn entgegen den Anforderungen des
BauPG eine notwendige CE-Kennzeichnung nicht gegeben ist.
Eine Haftung des Unternehmers – wie auch des Planers – bei nach den
BauPG kennzeichnungspflichtigen, aber nicht gekennzeichneten (fehlendes
CE-Zeichen) Baustoffen, kommt nicht nur aus dem Vertrag in Betracht,
sondern auch aus unerlaubter Handlung. Insoweit liegt nämlich eine
Schutzgesetzverletzung im Sinne § 823 Abs. 2 BGB vor.
Soweit CE-Zeichen für Bauprodukte nicht als Konformitätszeichen zur
Verfügung stehen, weil eine entsprechende harmonisierte Normung (noch)
nicht besteht oder auf nationaler Ebene zusätzliche Anforderungen
gestellt werden (z. B. Wärmedämmstoffe / Nachweis des Brandverhaltens)
ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung einzuholen sowie ein
Übereinstimmungszertifikat. Die Konformität wird dann durch ein
Ü-Zeichen nachgewiesen.
Baustoffe ohne diese erforderlichen Verwendbarkeitsnachweise dürfen nicht eingesetzt werden.
Insofern gilt die bereits bestehende Rechtsprechung für Bauverfahren /
Baustoffe ohne bauaufsichtliche Zulassung weiter fort. Nach dieser
Rechtsprechung liegt in der Planung und Verwendung nicht zugelassener
Baustoffe ein Mangel im Sinne des Werkvertragsrechts. Entsprechendes
gilt für Bauprodukte / Bauverfahren, für die kodifizierte Normen noch
nicht vorliegen.
Der Unternehmer hat die erforderlichen Nachweise über die Brauchbarkeit
der Bauprodukte und Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle
bereitzuhalten (vgl. z. B. Art. 58 BayBO).
Gemäß der Landesbauordnung (z. B. NRW §81) sind den mit der
Bauüberwachung beauftragten Personen jederzeit Einblick in die
Übereinstimmungserklärungen/Begleitdokumente zu gewähren.
Baustoffhersteller
Nach § 4 Abs. 1 BauPG darf ein Bauprodukt nur in Verkehr gebracht
werden, wenn es nach § 5 BauPG brauchbar ist und aufgrund nachgewiesener
Übereinstimmung mit bekannt gemachten oder anerkannten Normen oder
europäischen technischen Zulassungen mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet
ist.
Hier können sich Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der
Produkthaftung sowie aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem
Bauproduktengesetz gegen den Hersteller ergeben, da das
Bauproduktengesetz Schutzgesetz im Sinne § 823 Abs. 2 BGB ist.
Der Hersteller muss die für die Kennzeichnung notwendigen
Konformitätsprüfungen und -erklärungen sicherstellen. Erklärung und
Prüfung basieren auf regelmäßigen werkseigenen Produktionskontrollen,
die von einer nach dem BauPG zertifizierten Stelle, dem so genannten
„Notified Body“, überprüft und bewertet werden.
Lieferdokumente, Verpackungen und technische Dokumentationen (Begleitpapiere) müssen der europäischen Norm angepasst werden.
Baustoffhändler
Bei der Lieferung von Bauprodukten, die nach dem Bauproduktengesetz
kennzeichnungspflichtig, aber nicht gekennzeichnet sind, ergibt sich die
Haftung des Baustoffhändlers schon aus § 434 Abs. 1 BGB, da die
fehlende Brauchbarkeit nach dem Bauproduktengesetz einen Sachmangel im
Sinne des kaufvertraglichen Gewährleistungsrechts darstellt. Auch eine
Haftung des Baustoffhändlers aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten
Handlung, nämlich in Form des Verstoßes gegen
Verkehrssicherungspflichten kann in Betracht kommen. Nach der ständigen
obergerichtlichen Rechtsprechung hat der Baustoffhändler im Rahmen der
ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht auch eine
Produktbeobachtungspflicht. Aus der Verletzung dieser
Produktbeobachtungspflicht im Rahmen der dem Händler obliegenden
Verkehrssicherungspflicht können sich bei entsprechender
Rechtsgutverletzung Schadensersatzansprüche auch unter dem Gesichtspunkt
des Verstoßes gegen das Bauproduktengesetz ergeben.
Daneben verstößt ein Händler, der Baustoffe anbietet oder vertreibt,
gegen das Wettbewerbsrecht (§ 3 UWG), wenn er nicht ausdrücklich und
deutlich darauf hinweist, dass z. B. die Fremdüberwachung nach einer
DIN-Norm hinsichtlich des Bauproduktes nicht stattgefunden hat.
Auch insoweit kann der Vertrieb von kennzeichnungspflichtigen aber nicht
mit CE-Zeichen versehenen Bauprodukten neben einer kaufvertraglichen
Haftung zu einer Haftung aus Wettbewerbsverstoß führen, wenn ein
entsprechender Hinweis auf die fehlende CE-Kennzeichnung nicht erteilt
ist.
Ergebnis
Die Bestätigung durch das CE-Zeichen, dass der deklarierte Baustoff nach
den entsprechenden europäischen Produktnormen durch den Hersteller
beschrieben ist und entsprechend den dazu gehörigen europäischen
Prüfnormen geprüft worden ist, ist von sämtlichen am Bau Beteiligten zu
überprüfen. Das Fehlen einer entsprechenden Bestätigung weist auf die
fehlende Brauchbarkeit des nicht entsprechend gekennzeichneten Produktes
hin. Hier resultieren zugunsten des Verbrauchers Schutzpflichten der am
Bau beteiligten Funktionsträger, die zu einer Haftung aus Vertrag
gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner führen können aber auch – im
Falle der unerlaubten Handlung – gegenüber geschädigten Dritten.
Eine abschließende Frage aus der Sicht des Verbraucherschutzes:
Warum sollte ein Bauherr unnötige Risiken eingehen und nicht CE-markierte Produkte akzeptieren?